Pressemeldung: Nanoinseln statt Streifen

Der Ursprung des „hour-glass“ Spektrums

8. Januar 2015

Das magnetische „hour-glass“ Spektrum hat Physiker über viele Jahre fasziniert.

Dieses Phänomen wurde bislang in Kupferoxiden beobachtet, eine Materialklasse mit den höchsten der Menschheit bekannten supraleitenden Übergangstemperaturen. Physiker vermuten in den magnetischen Anregungen den Schlüssel zum Verständnis der Hochtemperatursupraleitung. Nun haben Forscher um Alexander Komarek einen Kobaltoxidkristall untersucht, der überraschenderweise auch solch ein „hour-glass“ Spektrum zeigt. Wichtig ist, dass diese Kobaltverbindungen Isolatoren sind, was die Zahl der möglichen Mechanismen des Uhrglasspektrums reduziert. Zusätzlich zur Neutronenstreuung setzten die Forscher dabei Röntgenbeugung ein. Die Neutronenstreuung gibt Aufschluss über die magnetischen Eigenschaften eines Materials. Die Röntgenbeugung diente Alexander Komareks Team dazu, die Anordnung der elektrischen Ladung im Kobaltoxidkristall zu untersuchen. Die Physiker nutzten einen extrem feinen Röntgenstrahl am Synchrotron PETRA-III am Hamburger Desy, mit denen sie diese Verteilung auf weniger als einen Nanometer (Millionstel Millimeter) genau bestimmten.

Das Ergebnis überraschte das Physikerteam. „Der Kristall ist aus einzelnen Schichten aufgebaut, innerhalb derer wir bislang ein Streifenmuster der elektrischen Ladung erwarteten“, erklärt Alexander Komarek. „Doch stattdessen fanden wir eine mikroskopische Struktur von ladungsträgerverarmten Inseln sowie von ladungsträgerreichen Bereichen.“ Die Durchmesser dieser ladungsfreien Inseln betragen lediglich etwa einen Nanometer. Alexander Komarek spricht von zwei Phasen, die auf der Nanoskala sowohl elektronisch als auch magnetisch voneinander stark getrennt sind, also von einer neuartigen „Nanophasenseparation“.

Eine Schlußfolgerung ist, dass der energiereichere Teil, also der obere Teil des Stundenglases, die magnetischen Anregungen der ladungsfreien Inseln widerspiegelt, der untere vor allem die der ladungsreichen Bereiche dazwischen. Bisher gingen Physiker davon aus, dass beide Teile des Spektrums von der gesamten Struktur gleichermaßen herrühren.

Eine Erklärung hierfür liefert die unterschiedlich starke Wechselwirkung zwischen den magnetischen Atomen in den beiden verschiedenen Bereichen. Weil die Wechselwirkung auf den ladungsfreien Inseln stärker ist, ist dort mehr Energie für die magnetischen Anregungen nötig. Vergleichen lässt sich das mit einer Kette aus Kugeln, die mit unterschiedlich harten Federn verbunden sind. Um die harten Federn zum Schwingen zu bringen, benötigt man viel mehr Energie als bei den weicheren Federn. Die hochfrequenten Schwingungen der harten Federn sind zudem weitgehend unabhängig von den niederfrequenten Schwingungen der weichen Federn. Analog dazu zeigt das untersuchte magnetische Anregungsspektrum zwei unabhängige Bereiche von Anregungen. Außerdem fanden die Forscher bei Neutronenmessungen an Forschungsreaktoren (ILL, FRM II, LLB) eine zusätzliche magnetische Anregung mit besonders hoher Energie, welche tatsächlich nach dem neuen "Nanophasenseparation" Modell vorhanden sein sollte aber bislang nie beobachtet worden war.

AK / CPfS

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