Zusammenspiel von Topologie und Magnetismus: eine große Zukunft für vielfältige Anwendungen
Andrei Bernevig, Princeton University, USA, Haim Beidenkopf, Weizmann Institute of Science, Israel, und Claudia Felser, Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe, Dresden, Deutschland, stellen in ihrer neuen Übersichtsarbeit über magnetische topologische Materialien die neuen theoretischen Konzepte vor, die Magnetismus und Topologie miteinander verbinden. Es werden neue magnetische topologische Materialien und potenzielle möglichen Anwendungen in der Spin- und Quantenelektronik identifiziert sowie als Materialien für eine effiziente Energieumwandlung diskutiert. Die Übersichtsarbeit erörtert die Verbindung zwischen Topologie, Symmetrie und Magnetismus auf einem Niveau, das sich für Studenten der Physik, Chemie und Materialwissenschaften eignet, die über Grundkenntnisse in der Physik der kondensierten Materie verfügen.
Magnetische topologische Materialien stellen eine Klasse von Verbindungen dar, deren Eigenschaften von der Topologie der elektronischen Wellenfunktionen in Verbindung mit ihrer Spin-Konfiguration beeinflusst werden. Topologie ist ein einfaches mathematisches Konzept, das sich mit den Oberflächen von Objekten befasst. Die Topologie einer mathematischen Struktur ist identisch, wenn sie bei kontinuierlicher Verformung erhalten bleibt. Ein Pfannkuchen hat die gleiche Topologie wie ein Würfel, ein Donut mit einem Loch wie eine Kaffeetasse mit Henkel und eine Brezel wie ein Brett mit drei Löchern. Die Hinzufügung von Spin bietet einen zusätzlichen neuen Freiheitsgrad zur Realisierung neuer Materiezustände, die in nichtmagnetischen Materialien nicht bekannt sind. Magnetische topologische Materialien können chirale Kanäle von Elektronen und Spins tragen und für eine Reihe von Anwendungen eingesetzt werden, von der Informationsspeicherung über die Kontrolle des verlustfreien Spin- und Ladungstransports bis hin zu riesigen Effekten in Festköpern als Interaktion mit Temperatur und Licht.
Die Übersicht fasst die theoretischen und experimentellen Fortschritte auf dem Gebiet der magnetischen topologischen Materialien zusammen, beginnend mit der theoretischen Vorhersage des quantenanomalen Hall-Effekts ohne Landau-Niveaus bis hin zu den jüngsten Entdeckungen von magnetischen Weyl-Semimetallen und antiferromagnetischen topologischen Isolatoren. Die jüngsten theoretischen Fortschritte, die zu einer tabellarischen Auflistung aller magnetischen Symmetriegruppendarstellungen und der Topologie geführt haben, werden ebenfalls beschrieben. Infolgedessen können alle bekannten magnetischen Materialien – einschließlich künftiger Entdeckungen – vollständig durch ihre topologischen Eigenschaften charakterisiert werden. Für die Identifizierung von Materialien für eine bestimmte technologische Anwendung (z. B. Quantenanomaler Hall (QAH)) sind erfolgsversprechende Modelle vorhanden. Mit diesem Ansatz können magnetische topologische Materialien mit magnetischen Übergangstemperaturen oberhalb der Raumtemperatur identifiziert oder, falls erforderlich, für klassische Anwendungen wie thermoelektrische Funktionseinheiten, Hall-Sensoren oder effiziente Katalysatoren entwickelt werden. Aber auch die Identifikation von Materialien für zukünftige Quantenanwendungen bei niedrigen Temperaturen, für Quantencomputer und Sensorik steht im Fokus des Übersichtsartikels.
Andrei Bernevig kommentiert: "Die Realisierung der QAH Effekt bei Raumtemperatur wäre revolutionär und würde die Beschränkungen vieler datenbasierter Technologien überwinden, die durch Leistungsverluste aufgrund der Jouleschen Erwärmung beeinträchtigt werden", und sein Kollege Stuart Parkin, Max-PIanck-Institut für Mikrostrukturphysik, Halle, Deutschland, "kann sich vorstellen, wie die neuartigen Eigenschaften dieser neuen Klasse magnetischer Materialien den Weg zu neuen Generationen von Quantenelektronik- und Spintronik-Bauelementen mit geringem Energieverbrauch und sogar zu neuartigen supraleitenden Spintronik-Bauelementen ebnen können". Claudia Felser, MPI CPfS, ist besonders von den möglichen Anwendungen in der Chemie begeistert. Sie sagt: "Wenn es uns gelingt, einen magnetischen Katalysator für die Wasserspaltung zu entwickeln, könnten wir die katalytischen Eigenschaften durch ein externes Feld verändern, was es uns ermöglichen würde, die Katalyse ein- und auszuschalten". Für Haim Beidenkopf ist der Quantencomputer vielleicht die aufregendste Richtung in der heutigen Wissenschaft: "Die Entwicklung eines Materials, das durch Quanten-Confinement eines magnetischen Weyl-Semimetalls eine quantenanomale Hall-Eigenschaft bei hohen Temperaturen aufweist, und seine Integration in Quantengeräte ist mein Hauptziel für die Zukunft". Der Bereich der magnetischen topologischen Materialien hat eindeutig vielversprechende Auswirkungen sowohl auf die wissenschaftliche als auch auf die technologische Welt und wird dies auch in Zukunft tun.