Supraleitende Nanostrukturen in 3D

Auf den Punkt gebracht
- Nano 3D Drucker: Die Studie zeigt die Herstellung dreidimensionaler supraleitender Nanostrukturen, ähnlich einem Nano-3D-Drucker, die eine lokale Steuerung des supraleitenden Zustands ermöglichen. Durch Drehung im Magnetfeld ist das Aus- und Einschalten der superleitenden Nanostrukturen möglich.
- Ein Ansatz für neue Technologien: Damit eröffnen sich neue Wege für die Entwicklung adaptiver und vielseitiger supraleitender Komponenten für neue Technologien.
Der Übergang von zwei in drei Dimensionen kann erhebliche Auswirkungen auf das Verhalten eines Systems haben, sei es beim Falten eines Blattes Papier zu einem Papierflieger oder beim Wickeln eines Drahtes zu einer spiralförmigen Feder. Im Nanobereich, der tausendmal kleiner als ein menschliches Haar ist, nähert man sich den grundlegenden Längenskalen von beispielsweise Quantenmaterialien. Auf diesen Längenskalen kann die Strukturierung von Nanogeometrien zu Veränderungen der Materialeigenschaften an sich führen. Wechselt man dazu noch in die dritte Dimension, können funktionale Eigenschaften durch Aufbrechen von Symmetrien, Einführen von Krümmungen oder Schaffen miteinander verbundener Kanäle maßgeschneidert werden. Trotz dieser spannenden Aussichten bleibt eine der größten Herausforderungen bestehen: Wie lassen sich solch komplexe 3D-Geometrien im Nanobereich in Quantenmaterialien realisieren? In einer neuen Studie hat ein internationales Team unter der Leitung von Forschern des Max-Planck-Instituts für Chemische Physik fester Stoffe mit einer Technik, die einem Nano-3D-Drucker ähnelt, dreidimensionale supraleitende Nanostrukturen hergestellt. Sie erreichten eine räumliche Kontrolle des supraleitenden Zustands in einem dreidimensionalen brückenartigen Supraleiter (siehe Bild) und konnten sogar die Bewegung von supraleitenden Wirbeln – nanoskaligen Defekte im supraleitenden Zustand – in drei Dimensionen nachweisen. Die Arbeit wurde in der Fachzeitschrift Advanced Functional Materials veröffentlicht.

Supraleiter sind Materialien, die für ihre Fähigkeit bekannt sind, keinen elektrischen Widerstand zu zeigen und Magnetfelder aus ihrem Inneren zu verdrängen. Dieses bemerkenswerte Verhalten entsteht durch die Bildung sogenannter Cooper-Paare, also gebundener Elektronenpaare, die sich kohärent durch das Material bewegen, ohne zu streuen.
„Eine der größten Herausforderungen besteht darin, diesen supraleitenden Zustand im Nanobereich zu kontrollieren, was für die Erforschung neuartiger Effekte und die zukünftige Entwicklung technologischer Geräte von entscheidender Bedeutung ist“, erklärt Elina Zhakina, Postdoktorandin am MPI-CPfS und Erstautorin der Studie.
Mit der Strukturierung von Supraleitern in 3D-Nanogeometrien gelang es dem internationalen Team aus Deutschland (MPI CPFS, Leibnitz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden) und Österreich (TU Wien, Universität Wien), den supraleitenden Zustand lokal zu kontrollieren, d. h. die Supraleitung in verschiedenen Teilen der Nanostruktur „auszuschalten“. Diese Koexistenz von supraleitenden und „normalen“ Zuständen kann zu quantenmechanischen Effekten führen, wie sie in sogenannten „weak links“, also nicht-supraleitenden „Schwachstellen“ zwischen zwei Supraleitern, vorkommen, die beispielsweise für hochempfindliche Sensoren genutzt werden. Bislang erforderte eine solche Kontrolle jedoch in der Regel die Konstruktion von Strukturen, beispielsweise in planaren Dünnschichten, in denen die Koexistenz der Zustände fest vorgegeben und nicht veränderbar ist.
“Wir haben festgestellt, dass wir in unserer 3D-Nanostruktur die Supraleitung in verschiedenen Abschnitten einfach ausschalten können, einfach indem wir sie in einem Magnetfeld drehen“, erklärt Claire Donnelly, Leiterin der Lise-Meitner-Gruppe am MPI-CPfS und eine der Hauptautorinnen der Arbeit. „Auf diese Weise konnten wir ein ‚rekonfigurierbares‘ supraleitendes Bauelement realisieren!“
Die Realisierung dieser rekonfigurierbaren Funktionalität bietet eine neue Plattform für den Bau adaptiver oder multifunktionaler supraleitender Komponenten. Zusammen mit der Fähigkeit, Defekte des supraleitenden Zustands zu propagieren, öffnet dies die Tür zu komplexen supraleitenden Logik- und neuromorphen Architekturen und bereitet den Weg für eine neue Generation rekonfigurierbarer supraleitender Technologien.